Der Bauchtanz nach Semsemah

Vielen Dank an Semsemah, Bauchtänzerin und bekannte Lehrerin, dass sie auf fröhliche und spontane Weise unser Interview beantwortet hat.

Können Sie uns Ihren Bauchtanz-Werdegang beschreiben und erzählen, wie alles angefangen hat?

Ich badete quasi im Sport. Dort, wo ich lebte, im Pas-de-Calais, war es quasi die einzige Beschäftigung. Und von klein auf habe ich das Tanzen geliebt. Ich war ein großer Fan von Mylène Farmer, Madonna usw. Ich habe zu Hause mit meiner Schwester viel zum Raï getanzt. Mit etwa 4 Jahren habe ich mit dem Schwimmen angefangen, ein paar Jahre später und als Erwachsener habe ich dann begonnen, in Wettkämpfen Basketball zu spielen. Ich fuhr mit afrikanischem Tanz und mit Hip-Hop fort... Mit Freundinnen aus der Schule haben wir eine Gruppe namens "TROUPE INES" gegründet und tanzten auf Familienfeiern oder am Jahresende, aber wir haben damals keinen Unterricht genommen, denn es gab in unserer Gegend keinen Bauchtanzlehrer. Unsere Inspiration war Samia Gamal.
Als ich in die Hauptstadt kam, wohnte ich in einer Pariser Wohnung deren Hauptfenster auf einen Innenhof gerichtet war, aus dem ich mehrmals in der Woche orientalische Musik hörte. Ich beschloss, nachzusehen, woher das Geräusch kam und entdeckte einen Tanzsaal genau dort, in meinem Hinterhof! Das war wie ein Zeichen des Schicksals! Ich habe mich daraufhin sofort im Kurs bei Nora eingeschrieben und erinnere mich daran, wie sie zu mir gesagt hat „Du tanzt schön... aber du kannst es nicht!“ Nach nur wenigen Monaten hat sie mich in Restaurants in Paris und der Provinz geschickt, wo ich fast jeden Abend und vor allem die Wochenenden non-stop tanzte. Das waren schöne Zeiten… Anschließend begegnete ich Najat, die mir ebenfalls viel beigebracht hat. Und ich bildete mich mit Mayodi, Leïla Hassan und schließlich Sana weiter.

"Sem Touch", was ist das? Was kennzeichnet grundlegend Ihren Stil und Ihre Überzeugungen in Bezug auf den Bauchtanz?

Für mich ist der "Sem Touch" einfach Ich, das ist MEIN Tanz! Denn ich stecke meine Seele, meinen Körper, mein Herz in den Tanz. Ich versuche nicht, wie jemand anders zu sein, das wäre falsch und das würde ich fühlen. Ich muss mich frei fühlen und wohl, atmen und leben. Im Bauchtanz gibt es zwar bestimmte Vorgaben, aber wir können über sie hinausgehen und uns dem hingeben, was unser Körper uns vorgibt. Zu einem Baladi etwa hindert uns doch nichts daran, ein Fußspiel zum Akkordeon zu machen, solange wir die Essenz (das ist das Wesentliche) des Baladi kennen und die richtige Energie einsetzen und die richtige Einstellung besitzen. Es geht also darum, für andere Tanzstile offen zu sein und dabei authentisch zu bleiben.

Sie erteilen unter anderem regelmäßig "Shaabi" Workshops, können Sie uns mehr über diesen orientalischen Tanzsstil verraten?

Einer der Pioniere der ägyptischen Shaabi-Musik ist ADDAWEYA, der festliche und Popmusik singt. Dann gibt es noch einen Künstler, den ich sehr mag, "Shabola" (Abdelrahim SHAABANE), mit sehr engagierten Liedern, aber auch leichteren, die ich liebe. Ich mag es, wenn die Musik in alle Richtungen geht, wenn sie mitreißend wird und verrückt, ein bisschen wie die Musik von Abd Elsalam, dem sehr angesagten Organisten in Kairo.
Meine Lieblings-Shaabi-Tänzerin ist Camélia, die mich unendlich inspiriert. Der Shaabi wird auf eine sinnliche, reizende, spielerische und lockere Art getanzt, für meinen Teil ungezwungen und manchmal maskulin.
Ich bin auch ein Fan vom Street Shaabi, der zu Mahraganat-Musik (auf Arabisch: Festival) getanzt wird, bei der man auf eine modernere Form tanzen kann, unter anderem mit einem kleinen Einfluss von Hip-Hop. Vor rund zehn Jahren habe ich diesen Tanz in Kairo entdeckt. Ich habe es durch das Ansehen vieler Videos gelernt. Der Tänzer Hakim und ich waren die ersten, die den Street Shaabi auf der Bühne in einem Theater tanzten, wir hatten einen Riesenspaß an diesem Abend! Anschließend habe ich meine Fähigkeiten verbessert und sehr viel von dem Meister auf diesem Gebiet, Kareem GaD, gelernt.

Sie bieten auch Bauchtanzkurse für Junggesellinnenabschiede an, wie nähern Sie den Bauchtanz einem Laienpublikum an?

Ich liebe es, den Bauchtanz bei solchen Veranstaltungen den Frauen vorzustellen, weil sie wissbegierig und neugierig sind. Sie zeigen eine große Begeisterung für den Bauchtanz, aber sie melden sich nicht unbedingt für regelmäßige Kurse an. Es geht um eine einmalige Sache, darum zu feiern, um eine tolle Zeit für ein oder zwei Stunden zu verbringen. Manche melden sich dann für das Jahr an, weil sie sich wirklich in die Sache verliebt haben, aber das ist selten. Ich bringe ihnen nur ein paar Grundbewegungen bei, die für jeden leicht umzusetzen sind. Zum Beispiel die Acht rückwärts, den Sharqi-Schritt (Schritt vorwärts, Schritt rückwärts oder wie ich es nenne: "Ich gehe, ich gehe nicht"), das seitliche Beckenschieben, die Wellen, die Schulterakzente und oft lasse ich sie die Schulterakzente zum Allaoui machen, die Musik aus meiner Gegend, dem Nordwesten Algeriens. Und ich kann Ihnen sagen, da entfacht das Feuer!
Sie fühlen sich in der Zeit eines Kurses wirklich als Frau, weiblich, sinnlich und ich bin sicher, dass sie das danach noch weiter verfolgt.

Wie kleiden Sie sich gerne während Sie Bauchtanz-Kurse und Workshops anbieten?

Ich denke, ich habe einen ausgefallenen Stil! Da die Beinarbeit Teil meines Tanzes ist, möchte ich, dass man die Knie sieht und deshalb bevorzuge ich kurze Röcke gegenüber langen Bauchtanzröcken, die sie verdecken. Wenn ich Orientalischen Tanz unterrichte, sehe ich auch gerne die Knie meiner Schülerinnen, weshalb ich es vorziehe, dass die Mädchen Leggings tragen. Ich bin persönlich kein Fan von Bauchtanz-Outfits. Ich wandel gerne die Kleidung ab. So kann ich zum Beispiel aus einem Hemdchen einen schönen Hüftschal machen! Trotzdem gefallen mir Ihre Röckchen sehr gut, besonders dieses braune Leoparden-Modell.

Sprechen wir über die Musik, welcher orientalische Titel bewegt Sie am meisten, welcher macht Sie glücklich und bei welchem können Sie nicht aufhören zu tanzen, wenn Sie ihn hören?

Das sind sehr schwierige Fragen, weil ich jede Musik mag, aber die klassische und ernste Musik bewegt mich offenbar am meisten... Abdel Wahab, Oum Kalthoum. Müsste ich mich für eine Musik entscheiden, wäre es "seret el hob" von Oum Kalthoum. Sie vermittelt viele Emotionen, Schmerz, Verrücktheit, Hoffnung... und die Liebe.
Welche mich glücklich macht, ist "Warda", und natürlich der Shaabi, aber während ich Ihnen so antworte, stelle ich fest, dass die Musik im Allgemeinen, alle Stile eingeschlossen, mich glücklich macht! Die Musik bewegt mich, bringt mich zum Weinen, macht mich glücklich, nostalgisch und verrückt. Sobald ich Musik höre, kann ich nicht anders, als zu tanzen!

In welchen anderen Tanz könnten Sie sich verlieben und warum?

In den Tango, den Salsa, den Flamenco. Das sind 3 Tänze und ich würde am Ende den Salsa wählen: festlich, berauschend und sinnlich!

Entdecken Sie Semsemah in diesem Video :

Veröffentlicht in: Orientalische Tänzerinnen

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