Djamila GIRAUD: der Bauchtanz als Wiedergeburt

Danke an Djamila GIRAUD, orientalische Tänzerin und Bauchtanzlehrerin aus Paris (Frankreich), für Ihre authentische Einlassung zu ihrem Werdegang.

Wie ist der orientalische Tanz in Ihr Leben getreten?

Ich habe zunächst den klassischen Tanz kennengelernt, den ich 15 Jahre lang ausgeübt habe. Eines Tages, vor nunmehr fast 20 Jahren, als ich meine Position als Marketing-Leiterin der Anschlagstafel des Parlaments aufgab, um mich um meine 3 Kinder zu kümmern, entschied ich mich dazu, diese Leidenschaft für die Disziplin meiner Jugend neu aufleben zu lassen. Zu dieser Zeit begegnete ich mehr oder weniger zufällig Lila Dari, einer außergewöhnlichen Bauchtanzlehrerin und Kooperationspartnerin der Stadt, die den berühmten orientalischen Tänzer sowie Bauchtanzlehrer Mayodi Sultan auf der Bühne begleitete. Diese Begegnung war wesentlich für mein Leben und meine berufliche Zukunft.
Ich, die mit 40 Jahren noch nicht einmal von der Existenz des ägyptischen Tanzes wusste, verliebte mich buchstäblich in diese wundervolle Kunst.
Ich habe 5 Jahre lang orientalischen Tanzunterricht bei Lila genommen. Nach jedem Training arbeitete ich an mir und übte zu Hause. Ich war furchtbar enthusiastisch und entschlossen. Sehr schnell wurde mir klar, dass ich meinen Beruf daraus machen wollte und es wurde zur echten Challenge. Meine Eltern meinten übrigens nur, dass ich den Verstand verloren hätte…
Ich habe zudem an allen nur möglichen Ausbildungs-Workshops für orientalischen Tanz teilgenommen; vor allem mit Youssry Sharif, Jillina, Amar Gamal oder auch Yaël Zarca und Oscar Florès.
Was das konsequente, tägliche Engagement betrifft, war mein Werdegang im klassischen Tanz hilfreich. Ich habe begonnen, einige gelegentliche Darbietungen als professionelle Bauchtänzerin vorzuführen. Dann ging alles ganz schnell. Ich wurde für Galas von Institutionen und Vereinen, dann für Junggesellenabschiede, Hochzeiten sowie Barmitsvahs gebucht. Ich habe eine ganze Saison in La Baule, aber auf auch Djerba, in Marrakesh und Dubai getanzt.
Ich tanzte und tanzte während ich mich zugleich um meine 3 Kinder kümmerte. Es war wie ein Tsunami, der mit 100 Kilometern pro Stunde durch mein Leben fegte. Dann habe ich angefangen, an 2 Grundschulen als orientalische Tanzlehrerin für Kinder zu arbeiten.
Schließlich markierte eine Zäsur mein Leben: meine Scheidung. Dieser Einschnitt hat die Anfänge dieser vielversprechenden Karriere ausgebremst. Ich musste mich alleine mit meinen 3 Kindern durchschlagen. Sie waren meine oberste Priorität, aber der Bauchtanz war meine Therapie.
Ich habe also immer mehr Einzel- und Gruppenkurse für Bauchtanz angeboten, aber auch Workshops. Es gibt nichts Lehrreicheres, als seine Leidenschaft Schülerinnen diverser, unterschiedlicher Temperamente sowie Entwicklungsstände weiterzugeben.
Ich liebe meinen Beruf, auch wenn ich berücksichtige, dass die Zäsur, die ich in meinem Privatleben erlitten habe, mich daran gehindert hat, zu reisen und bekannter zu werden. Aber es ist nie zu spät. Dieses Jahr habe ich am ODM Festival in Spanien und am organisierten Bauchtanz-Wettbewerb teilgenommen, was mit den 2. Platz in der Kategorie «Golden Age» einbrachte. 

Sie sind Mitglied des Internationalen Tanzrats. Können Sie uns die Funktion und die Ziele dieser Organisation zugunsten des Tanzes ebenso wie die einiger Aktionen/Missionen, an denen Sie in diesem Rahmen beteiligt waren, erläutern?

Das CID (International Dance Council) veranstaltet nahezu überall auf der Welt große Versammlungen für Tänzerinnen, um alle Arten von Tanz zu fördern. Bei seiner Gründung war ausschließlich der klassische Tanz vertreten. Dann öffnete er sich im Laufe der Jahre auch anderen Tänzen. Die Tatsache, dass es unter der Schirmherrschaft der UNESCO steht, bürgt für Seriosität und Professionalität.  
Das Komitee kontaktierte mich vor 5 Jahren und erteilte mir ein Zertifikat für meine 15 Jahre Tanzerfahrung.

Als erfahrene Lehrerin für orientalischen Tanz geben Sie 11 wöchentliche Kurse in Paris – ohne Themen-Workshops und Einzelkurse. Was ist Ihr Geheimnis, um diesem strengen Rhythmus körperlich, aber auch den daraus resultierenden mentalen Herausforderungen standzuhalten?

Das ist in der Tat nicht einfach! Schon oft hat mich tiefe Erschöpfung gepackt. Noch immer gibt es – vor allem nach der Silvester-Gala – Anlässe, bei denen man die Stunden nicht mehr zählt. Ich habe aber gelernt, für Erholung zu sorgen. Mein Alter erinnert mich daran, dass ich auf mich achten muss, wenn ich in diesem Beruf bestehen möchte. Ich gebe mich daher einer ausgezeichneten Alltagshygiene hin, basierend auf einer gesunden Ernährung, Ruhe, gelegentlichen Massagen, regelmäßigen Konsultationen bei einem Sportmediziner, aber auch beim Physiotherapeuten und Osteopathen. Mich im Beisein meiner Familie zu entspannen, ist ebenfalls ein wertvoller Punkt für mein Wohlbefinden. 

Welche Techniken und didaktischen Werkzeuge nutzen Sie in Ihrem Unterricht, um Ihren Schülerinnen das Erlernen des Bauchtanzes zu erleichtern?

Ich zerlege jede Bewegung, vor allem mit den Anfängerinnen. Ich beweise Geduld und Durchhaltevermögen, indem ich wieder und wieder vorführe. Ich lasse sie ständig wiederholen, aber immer mit Musik. Ich versuche stets, ihre Aufmerksamkeit zu fesseln und sie präzise zu korrigieren. Ich verwende auch manchmal Metaphern, um das Erlernen komplexer Kombinationen zu vereinfachen und ihnen zu helfen, diese besser zu visualisieren. Ich tanze viel gemeinsam mit meinen Schülerinnen, was unverzichtbar für ihren Fortschritt ist. Schlussendlich ermutige ich sie auch, an meinen technischen und thematischen Workshops teilzunehmen, um sich schneller weiterzuentwickeln. 

Was ist Ihre Sichtweise zur aktuellen ägyptischen Szene in Sachen Bauchtanz?

Es gibt unglücklicherweise immer weniger ägyptische Tänzerinnen. Mir sind einige aufgefallen, die ich jedoch häufig vulgär finde.
Bauchtänzerinnen aus der Ukraine und Russland sind jetzt zahlreicher. Sie besitzen eine hervorragende Technik, aber ihnen fehlt oftmals der orientalische Charme.

Welche Stile, Schnitte, Farben, Stoffe bevorzugen Sie bei der Auswahl Ihres Bauchtanz-Outfits? Erzählen Sie uns von Ihrem Geschmack diesbezüglich…

Ich mag besonders orientalische Tanzoutfits im Stil der «Goldenen Ära», die ich sehr elegant und raffiniert finde. Hinsichtlich der Farben liebe ich Grün in all seinen Schattierungen, aber auch Violett, Grau und Navy-Blau. 
Vor 15 Jahren waren meine Bauchtanz-Outfits sehr schwer. Heute bevorzuge ich es, mit leichteren und bequemeren Teilen zu tanzen, vor allem mit fließenden und luftigen Materialien. 
Meine Schülerinnen und ich selbst schätzen auch die Baladi-Kleider, die dieses Jahr in Ihrem Bauchtanz-Shop empfohlen wurden. Vielen Dank an Sie für ein – wie Sie sehen können – sehr schönes Gesamtbild!

Veröffentlicht in: Orientalische Tänzerinnen

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